Dann sprach Gott zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
Ich bin es. Siehe, ich richte meinen Bund auf mit euch und mit euren Nachkommen nach euch und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Wildtieren der Erde bei euch, mit allen, die aus der Arche gekommen sind, mit allen Wildtieren der Erde überhaupt.
Ich richte meinen Bund mit euch auf: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen mir und der Erde. Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt.
Steht der Bogen in den Wolken, so werde ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der Erde.
Und Gott sprach zu Noach: Dies ist das Zeichen des Bundes, den ich zwischen mir und allen Wesen aus Fleisch auf der Erde aufgerichtet habe.
von Pastoralreferent Gerhard Wachinger, römisch-katholischer queerGottesdienst
Ich bin es. Ich bin es, das sage ich am Telefon, wenn der andere weiß, wer dran ist.
Ich bin es, das sagen wir an der Tür, wenn wir den Schlüssel vergessen haben
und aufmachen soll, wer drin ist.
Ich bin es, das sagt Gott. Heute, zu Beginn der Lesung. Ich bin es, damit kein Zweifel aufkommt,
wer da spricht. Denn heute gibt es etwas feierlich zu proklamieren.
Siehe, schau her, nimm es wahr und sei dir bewusst, was jetzt und hier geschieht. Es wird niemals mehr wieder geschehen, es ist ein unwiederbringlicher Moment. Das hier bestimmt die Geschichte. Denn es kommt direkt aus der Ewigkeit. Die Erzählung von der Arche Noah handelt nicht von einer fernen Zeit, sie geschieht nicht, sie ist nicht Geschichte, sie ist ein Mythos, ein Mythos vom Feinsten, er soll erklären, warum die Welt so ist, wie sie ist. Die ersten 11 Kapitel im 1. Buch Mose, in der Genesis, sie handeln von der Vor-Geschichte Israels, sie erzählen, wie alles kam, bevor Gott den Abraham rief und damit ein einziges Volk erwählte, das er sich zu eigen nahm. Die Vorgeschichte, sie redet davon, wie die Welt erschaffen wurde und die Sünde in die Welt kam und wie Gott auf sie mit der Sintflut reagierte. Das letzte, das 11. Kapitel handelt vom Turmbau zu Babel, es erklärt, wie es zur Sprachenvielfalt kam.
Gott wird es nie wieder tun. Das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt. Und das Zeichen dafür ist der Bogen in den Wolken. Gott wird es nie wieder tun. Die Urangst des Menschen, dass ihn namenlose Kräfte der Natur bedrohen, der Gott Israels überwindet sie. Gott sei Dank ist das unser Glaube an einen Gott, der die Welt liebt und sie nicht bedroht. Gott stiftet vielmehr einen Bund mit euch und allen lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen, mehr geht nicht. Alles Geschaffene für alle Zeit. Das ist die theologische Begründung für jede ökologische Haltung, es ist die biblische Begründung für jedes interreligiöse Gespräch und es ist die religiöse Begründung für jede Vielfalt.
Deshalb ist der Regenbogen das Zeichen geworden für die Schwulen und die Lesben und Bi und Trans und Inter und queer. Und das ist auch gut so. Vielfalt ist bei Gott. Und, das ist heute, kommt dieser zentrale Text auch im CSD-Gottesdienst vor, er ist die Begründungsurkunde unserer Vielfalt. Sie ist ein Menschenrecht, nicht, weil Menschen sie erstritten haben, sie ist ein Menschenrecht, weil Gott sie gewollt und zugesagt hat. Wie sehr wünschte ich, dass die Kirche Gottes, gleich welcher Konfession, diese Würde allen zuspräche, denn die Kirche lästert Gott, wo sie diese Würde verleugnet. Und wie sehr wünschte ich, dass alle Schwulen, Lesben, Bi, Trans, Inter und Queers diese Würde Gottes erkennen würden, damit wir uns nicht selbst zusprechen müssen, was Gott uns längst zugesprochen hat.
Es gibt noch eine Erkenntnis in diesem erstklassigen Text, diesem Evangelium im Alten Testament. Es ist die große Erkenntnis, dass Gott nicht zerstört. Der Gott des Regenbogens ist ein friedfertiger Gott. Was das alles heißt, gilt es durchzubuchstabieren. Hier kündigt sich bereits die Friedfertigkeit der Seligpreisungen an, wie Jesus in bester rabbinischer Tradition zuspitzt, was im AT angelegt ist. Es geht um die Bereitschaft, die Gegner ins Leere laufen zu lassen, ihren Hass abzuschütteln, ihre Häme mit Freundlichkeit zu beantworten. Das ist durchaus ein Gegenprogramm zu den Ellbogen, die wir sonst in der Welt gebrauchen. Toleranz und Akzeptanz, das wird oft mehr gefordert als gewährt. Der Gott des Regenbogens ist ein gewährender Gott, kein fordernder. Er wird in Zukunft zuschauen, wenn Gewalt und Zerstörung die Welt, seine Schöpfung, bedrohen, er wird nicht dreinschlagen oder wieder eine Flut kommen lassen. Viele Menschen sind schon verzweifelt an diesem Gott, der zulässt oder an Jesus, der sich kreuzigen lässt. Die Antwort Jesu in Fortführung des Regenbogens lautet: das ist der Bund in meinem Blut.
Der Gott des Regenbogens ist kein Schönwettergott, der Regenbogen bietet ja die Antwort auf den Regen. Gott antwortet auf das Böse mit dem Bund. Der Gott des Regenbogens lädt ein, böse Gedanken nicht zu bekämpfen, sondern gute dagegen zu setzen; Vielfalt zu leben anstatt sie einzufordern; Misstrauen zu überwinden durch Vertrauen und Unglauben mit Glauben zu begegnen. Kurz: Brücken zu bauen sogar zwischen weiß-blau und dem Regenbogen.